Vom Leben in einer toten Welt

Gedanken zum Manifest für eine post-materialistische Wissenschaft

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nser heutiger wissenschaftlicher Materialismus sieht die gesamte Natur als Maschine. Auch wir Menschen sind wie Roboter, unsere Gehirne genetisch programmierte Computer. Und alles entwickelt sich planlos und zufällig nach Nirgendwo. Das wirklich Fatale an dieser toten Weltsicht sind jedoch ihre katastrophalen

Woran erkennt man, dass sich der heute vorherrschende wissenschaftliche Materialismus in eine Religion und seine Wissenschaftler in Priester verwandelt haben? Daran, dass sich seine Hypothesen in Glaubensgrundsätze und Dogmen verwandelt haben. Daran, dass alle, die diese Dogmen hinterfragen, zunächst belächelt, dann denunziert und in weiterer Folge aus der „wissenschaftlichen Gemeinde“ exkommuniziert werden. Daran, dass die Masse der Gläubigen – das sind wir – diese Dogmen als fix und völlig unhinterfragt in den Lebensalltag integriert hat, was aus uns sogenannte „Wissenschaftsgläubige“ macht.

Zum Beispiel zeigen uns alle Kulturen bis heute die Sonne als lebendiges Wesen, als Gott oder Göttin, als eigenständiges Bewusstsein im Universum. Kinder zeichnen die Sonne bis zu ihrem zehnten Lebensjahr als Wesen mit einem lächelnden Gesicht. Dann löscht ihnen der wissenschaftliche Materialismus das Leben aus der Sonne. Zurück bleibt – siehe Wikipedia – eine „an der Oberfläche 6000° C heiße Plasmakugel, …, ein durchschnittlich großer Stern im äußeren Drittel unserer Milchstraße, …, der 99,86 % der gesamten Masse des Sonnensystems ausmacht“. Der Glaube an eine lebendige Sonne gehört in das Forschungsgebiet der Kulturgeschichte, wo primitive Kulturen die „regelmäßige tägliche und jährliche Wiederkehr der Sonne ängstlich erwartet und mittels kultischer und magischer Rituale beschworen haben“ (Wikipedia).

Der Wissenschaftswahn

Es ist nicht die Wissenschaft als solche, die zum Beispiel ein herausragender Wissenschaftler wie Rupert Sheldrake bekämpft, sondern genau diese wissenschaftliche Arroganz und den damit verbundenen Dogmatismus. Sheldrake, den meisten durch seine Theorie der morphogenetischen Felder bekannt, brachte 2012 ein Buch mit dem Titel „Science Delusion“ (im Deutschen „Der Wissenschaftswahn: Warum der Materialismus ausgedient hat“) auf den Markt. Während einer seiner Widersacher, Richard Dawkins, mit seinem Buch „Der Gotteswahn“ sich als ein erklärter Gegner von Religion und als der Vertreter des „Neuen Atheismus“ positioniert, zeigt sich Sheldrake mit seinem Buch „Der Wissenschaftswahn“ nicht als Gegner, sondern sogar als Anhänger der Wissenschaft. Aber er stellt sich dezidiert gegen die heutige wissenschaftliche Überzeugung, dass wir die Natur der Realität schon verstanden hätten, und nun nur noch die Details erforschen müssten.

10 Dogmen und ihre fatalen Folgen

Sheldrake untersucht zehn Dogmen der heutigen materialistischen Wissenschaft in einer wissenschaftlich methodisch korrekten Form. Zu diesen Dogmen gehören unter anderem: die Mechanizität der gesamten Natur; die Unbewusstheit der Materie und des ganzen Universums; die Zufälligkeit und Sinnlosigkeit der gesamten Natur; der Geist als reine Gehirnaktivität; die Vererbung als etwas rein Materielles mittels der Gene und mechanischer chemischer Reaktionen.

Obwohl die Wissenschaft selbst, beispielsweise mit der Quantenmechanik, diese Dogmen bereits überholt hat, obwohl die mechanistische, materialistische Sicht keinerlei Beweisgrundlage hat, sondern rein auf Glaubensgrundsätzen basiert, obwohl es weit sinnvoller wäre, das Universum, unser Sonnensystem und unsere Erde als lebendigen Organismus zu betrachten, dem ein Entwicklungsziel innewohnt, anstatt als eine ziellos herumtreibende Zufalls-Maschine, wurden diese Dogmen zur Standardweltsicht in Politik, Erziehung, Wirtschaft und Medizin. Das wirklich Fatale daran sind die katastrophalen Auswirkungen dieser Dogmen: Wer den Menschen auf eine rein körperliche Maschine reduziert, wird als medizinische Behandlung – wenn also die Maschine eine Funktionsstörung aufweist – nur den mechanischen chirurgischen Eingriff oder die Verabreichung chemischer Substanzen zulassen. Alles andere erscheint dem auf diese Weltsicht eingeschworenen Dogmatiker als Illusion, Placebo, Humbug, ja sogar Häresie. Und Häretiker werden heute – wenn schon Gott sei Dank nicht mehr verbrannt – so zumindest gebrandmarkt. Auch Tiere und Pflanzen sind seelenlose Wesen. Da sie – nach geltender Meinung – reiner Körper ohne Denken sind, kann man mit ihnen machen, was man will. Dies ist die Grundlage der modernen Landwirtschaft mit ihren gentechnischen Veränderungen und sonstigem Umgang mit Tieren und Pflanzen.

Manifest für eine post-materialistische Wissenschaft

Mit Rupert Sheldrake, der natürlich längst aus der wissenschaftlichen Community exkommuniziert ist, hat sich eine ganze Reihe weiterer Wissenschaftler weltweit mutig gegen das materialistische Dogma der heutigen Wissenschaft gestellt. 2014 wurde in Tuscon, Arizona ein internationaler Kongress zum Thema „Post-materialistische Wissenschaft, Spiritualität und Gesellschaft“ veranstaltet. Neben den Hauptorganisatoren Gary E. Schwartz, Mario Beauregard und Lisa Miller trafen einander renommierte Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Disziplinen, um über die Auswirkungen der materialistischen Ideologie und ein notwendiges neues post-materialistisches Paradigma zu diskutieren. Daraus entstand das „Manifest für eine post-materialistische Wissenschaft“.

In diesem Manifest heißt es: „Die moderne wissenschaftliche Weltsicht begründet sich vor allem auf Annahmen, die mit der klassischen Physik eng verbunden sind. Der Materialismus – die Idee, dass die Materie die einzige Realität ist – ist nur eine dieser Annahmen… Während des 19. Jahrhunderts verfestigten sich diese Annahmen, verwandelten sich in Dogmen und verschmolzen zu einem ideologischen Glaubenssystem, das als »wissenschaftlicher Materialismus« bekannt wurde. Dieses Glaubenssystem setzt voraus, dass der Geist nichts anderes als die körperliche Aktivität des Gehirns ist und dass unsere Gedanken keine Auswirkungen auf unser Gehirn und unseren Körper haben. Die Ideologie des »wissenschaftlichen Materialismus« setzte sich in der Wissenschaft im 20. Jahrhundert durch. Sie wurde so vorherrschend, dass eine Mehrheit der Wissenschaftler zu glauben begann, sie basiere auf einer feststehenden empirischen Evidenz und stelle die einzige rationale Sicht auf die Welt dar.“

Der Erfolg der materialistischen Wissenschaft für unser Verständnis der Natur und den technologischen Fortschritt wird nicht infrage gestellt, aber „die übermächtige Dominanz des Materialismus hat in der akademischen Welt die Wissenschaft streng begrenzt und die Entwicklung der wissenschaftlichen Erforschung von Geist, Bewusstsein und Spiritualität behindert. Der Glaube an diese Ideologie, als exklusiver Erklärungsrahmen für die Wirklichkeit, hat Wissenschaftler gezwungen, die subjektive Dimension der menschlichen Erfahrung zu vernachlässigen. Dies führte zu einem stark verzerrten und verarmten Verständnis von uns selbst und unserem Platz in der Natur. Die Wissenschaft aber ist in erster Linie eine undogmatische, aufgeschlossene Methode des Erwerbs von Wissen über die Natur durch Beobachtung, experimentelle Untersuchungen und theoretische Erklärungen von Phänomenen. Ihre Methodik ist nicht gleichbedeutend mit dem Materialismus und sollte nicht bestimmten Überzeugungen, Dogmen oder Ideologien untergeordnet werden.“

In weiterer Folge werden in den Punkten 7 bis 11 des Manifestes unterschiedliche empirische Phänomene der Quantenmechanik, der Psychoneurologie, der Psi-Forschung und der Erforschung von Nahtod-Erfahrungen angeführt, die mit der klassischen Physik und der materialistischen Wissenschaft nicht erklärbar sind. Dies führt zu Punkt 12 im Manifest: „Manche materialistisch ausgerichteten Wissenschaftler und Philosophen weigern sich, diese Phänomene anzuerkennen, da sie nicht mit ihrer exklusiven Auslegung der Welt vereinbar ist. Die Ablehnung von post-materialistischen Untersuchungen der Natur oder die Weigerung, wissenschaftliche Entdeckungen zu veröffentlichen, die den post-materialistischen Ansatz stützen, stehen im Widerspruch zum wahren Geist der wissenschaftlichen Untersuchung, der besagt, dass empirische Daten immer angemessen behandelt werden müssen. Daten, die nicht zu den bevorzugten Theorien und Vorstellungen passen, können nicht von vornherein verworfen werden. Solch eine Ablehnung gehört in das Gebiet der Ideologien, nicht der Wissenschaft.“

Das Herzstück des Manifestes

bringt die wichtigsten Grundsätze und in weiterer Folge die damit verbundenen Konsequenzen einer post-materialistischen Wissenschaft auf den Punkt:

  • „Der Geist repräsentiert einen Aspekt der Realität, der genauso ursprünglich ist wie die physische Welt. Der Geist ist elementar im Universum. Beispielsweise kann er nicht von der Materie abgeleitet, noch zu etwas Grundlegenderem reduziert werden.
  • Es gibt eine tiefe Vernetzung zwischen dem Geist und der physischen Welt.
  • Der Geist (Wille/Intention) kann den Zustand der physischen Welt beeinflussen und wirkt auf einer non-lokalen (oder erweiterten) Art und Weise. Zum Beispiel ist er nicht wie Gehirn und Körper auf bestimmte Punkte im Raum begrenzt, auch nicht auf bestimmte Zeitpunkte wie die Gegenwart. Da die Möglichkeit besteht, dass der Geist nicht-lokal die physische Welt beeinflusst, können die Absichten, Gefühle und Bedürfnisse des Experimentierenden nicht gänzlich von den Ergebnissen der Experimente isoliert werden, und das sogar bei kontrollierten und blinden Versuchsanordnungen.
  • Die Bewusstseine sind offenbar unbegrenzt und können sich auf eine Weise vereinigen, die einen einheitlichen Allgeist (One Mind) nahelegen, einen Geist, der alle individuellen Bewusstseine miteinschließt.
  • Nahtod-Erfahrungen während eines Herzstillstandes lassen vermuten, dass das Gehirn sich wie ein Sende-/Empfangsgerät von mentalen Energien verhält, z.B. kann der Geist durch das Gehirn wirken, aber er wird nicht von diesem erzeugt. Nahtod-Erfahrungen, die während eines Herzstillstands geschahen, in Verbindung mit den Nachweisen von forschenden Medien, legten weiterhin die Vermutung des Überlebens des Bewusstseins nach dem körperlichen Tod und der Existenz von anderen, nicht-physischen Realitätsebenen nahe.
  • Wissenschaftler sollten sich nicht vor der Erforschung von Spiritualität und spirituellen Erfahrungen fürchten, da sie einen zentralen Aspekt der menschlichen Existenz darstellen.
  • Das post-materialistische Paradigma verändert grundlegend die Vision, die wir von uns selbst haben, indem es uns unsere Würde und Kraft als Menschen und als Wissenschaftler wiedergibt. Dieses Paradigma unterstützt positive Werte wie Mitgefühl, Respekt und Frieden. Durch das Hervorheben der tiefen Verbindung zwischen uns und der Natur in ihrer Gesamtheit fördert das post-materialistische Paradigma Umweltachtsamkeit und den Erhalt unserer Biosphäre.

Die Macht eines Manifestes

Mit einem Manifest (lat. manifestus) werden Dinge augenscheinlich und offenbar. Es ist augenscheinlich, dass uns unsere materialistische Wissenschaft ein ziel- und sinnloses und ein mechanisches „totes“ Leben vermittelt. Dementsprechend ist heutzutage unser Umgang mit Mensch und Natur. Und dieser Umgang mündet nach derzeitigem Ermessen in eine moralische, soziale und ökologische Katastrophe. Mit einem Manifest jedoch werden die Dinge auch „angreifbar“ in doppeltem Sinne: Einige werden dieses Manifest angreifen. Andere werden die Suche nach einer neuen – post-materialistischen – Weltsicht in Angriff nehmen, um darauf einen neuen Umgang mit Mensch und Natur zu begründen.

Literaturhinweis:

  • Manifest für eine post-materialistische Wissenschaft auf www.abenteuer-philosophie.com
  • Rupert Sheldrake, Der Wissenschaftswahn: Warum der Materialismus ausgedient hat.
  • Jeremy W. Hayward, Liebe, Wissenschaft und die Wiederverzauberung der Welt.

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