Das Geheimnis der Zahlen –
als Bausteine der Welt und des Lebens

Wir sind von Zahlen umgeben. Zahlen bestimmen unser Leben. Wir alle haben ein Bankkonto, auf dem am Ende des Monats unterm Strich hoffentlich eine positive Zahl aufscheint. Hier soll es aber um die größere Bedeutung der Zahlen gehen. Wie beeinflussen sie uns und was können wir von ihnen lernen?
Wir bewegen uns um den Erdmittelpunkt mit ca. 1670 und um die Sonne mit 107.000 Stundenkilometern, jedoch habe ich noch nie gehört, dass jemand ins All hinausgeschleudert worden wäre. Diese hohen Geschwindigkeiten realisieren wir nicht, weil sie konstant verlaufen. Erst wenn Geschwindigkeiten im Verhältnis zueinander betrachtet werden können und einem Rhythmus folgen, können wir sie wahrnehmen wie z. B. das Pulsieren unserer Stimmbänder, wo wir die Schwingungen der Luft hören können. Das Verhältnis beziehungsweise auch die Differenz ermöglichen unsere Wahrnehmung.
Mit Zahlen lassen sich Verhältnisse, Verbindungen und Relationen beschreiben. Manch einer stellt sich eine Welt, in der alle gleich sind, sehr harmonisch vor, aber wenn alles/alle gleich wären, wäre es nicht nur schrecklich fad, sondern wir könnten auch nichts erkennen. Es gäbe keine Unterschiede oder Differenzen. Wie wären die Stärken des Einzelnen erkennbar und wie könnten wir dann voneinander lernen, uns gegenseitig ergänzen?
Zahlen gelten als der Ursprung des Universums. Zahlen schaffen Ordnung.
Laut Platon existieren zuerst die Ideen, dann die Zahlen und schließlich die Formen. „Gott hat alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet“ (Die Weisheit Salomos aus dem biblischen Buch der Weisheit, Kapitel 11).
Die Wissenschaft vereint mit Zahlenformeln und Konstanten die Gesetze des Universums. Gesetze zu kennen, führt zu richtigem Denken und hilft uns, Lösungen für die Probleme unserer Welt zu finden und komplexe Zusammenhänge zu verstehen. Jede Zahl vertritt eine Idee.
Wir beginnen mit der Null. Ist die Null eigentlich eine Zahl?
In der Kabbala steht sie für grenzenloses Licht (Ain-sof) und im I Ging entspricht sie dem Nichtanfang (Wuji). Die Null ist die Ursache ohne Ursache – deshalb passt auch der Kreis sehr gut zu ihr. Dieser ist die Summe aller Punkte um einen Mittelpunkt, der jedoch nicht existiert. Wir stoßen also an die Grenzen unserer Vorstellung. Wer kann sich einen Kreis ohne Mittelpunkt vorstellen? In der Mathematik verursacht die Null viele Probleme. Würden wir durch sie teilen, ist theoretisch das Ergebnis unendlich. Sie verbindet also den Ursprung mit dem Unendlichen in ihrer Singularität.
Nach der Null kommt die Eins, die Einheit, das Zentrum. Im Tai-Chi ist die Eins der Uranfang.
Die Idee dabei ist, dass dieser erste Punkt beginnt, sich zu bewegen. Hinzu kommt die Komponente der Zeit. Da unsere Wahrnehmung langsamer ist als die Bewegung des Punktes, kommt es zur Illusion einer scheinbaren Geraden. Dasselbe Phänomen beobachten wir, wenn wir ein glimmendes Stäbchen schnell auf und ab bewegen. Dies bedeutet wiederum, dass es immer nur einen Punkt gibt.
Jedoch durch die Schwäche unserer Wahrnehmung verfallen wir der Illusion der Vielfältigkeit. Bei der Zwei entsteht die Dualität. Gegensätze kristallisieren sich heraus – Yin und Yang. Der Punkt schwingt nun um eine zweite Achse in der Ebene und ein Kreuz entsteht. Dieses Kreuz beginnt sich zu drehen und durch diese Dualität entsteht das Leben, so wie erst bei der Vereinigung von Mann und Frau das Kind entstehen kann.
Das Symbol der Swastika, was wortwörtlich Kreuz bedeutet, entsteht durch die Drehung des Kreuzes. Wie brennende, sich drehende Fackeln ziehen sie ihre Flammen nach sich. Wenn sich die Dualität in die Schöpfung hineindreht und eine weitere Achse entsteht, wird die Dreiheit geboren. Die Welt ist nun dreiteilig, der dreidimensionale Raum ist fertig. Es gibt mehrere Möglichkeiten der dreiteiligen Welt, eine davon ist die Einteilung in Makrokosmos (Universum), Mesokosmos (Mensch), Mikrokosmos (atomare Welt).
Nach dieser Entwicklung geht es weiter und es gibt noch viele weitere Zahlen, deren Symbole umfassend sind, doch wie können wir durch sie die Natur und uns besser verstehen?
Wir schaffen es nur mithilfe von Zahlenverhältnissen, die Natur zu beschreiben. Betrachten wir die Natur, so entdecken wir immer wieder Analogien zwischen dem Großen und dem Kleinen. In der Mathematik bezeichnet man diese Analogien als Fraktale. Fraktale sind sich wiederholende, einander ähnelnde Geometrien. Diese Fraktale kann man grafisch darstellen. Vergrößert man nun einen Ausschnitt und zoomt hinein wie auf einer Landkarte, so sieht man immer wieder das Gleiche. Es erscheint uns, als würde man Europa vergrößern und an der Küste Italiens wäre wieder ein kleineres Europa erkennbar.
Das wohl berühmteste Fraktal ist die Mandelbrotmenge, die in ihrer Darstellung wie ein Apfel mit Gliedmaßen aussieht. Das Faszinierende dabei ist, weil man quasi unendlich hinein- oder hinauszoomen kann, dass man immer wieder das gleiche Apfelmännchen erkennen kann. Die Essenz ist ständig präsent, ob man vergrößert oder verkleinert.
Fraktale kommen auch in der Natur vor, beispielsweise in Kristallen, Schneeflocken oder auch beim Karfiol (Blumenkohl), bei Farnen, Erosionsspuren und Viren. Und selbst unser Herzschlag folgt einem Fraktal und man kann ein gesundes von einem kranken Herzen diesbezüglich unterscheiden. Ein Fraktal durchzieht das ganze Leben in Form der Spirale. Im Kleinen sehen wir sie in unserer DNA, bekannt als Doppelhelix (Mikrokosmos). Betrachten wir den Lauf der Erde, stellen wir fest, dass wir uns fast kreisförmig um die Sonne drehen. Gleichzeitig bewegt sich das ganze Sonnensystem beinahe gerade durch die Galaxie. Die Erde bewegt sich somit spiralförmig. Auch unsere eigene Entwicklung können wir wie eine Spirale betrachten.
Wer hat nicht einmal schon das Gefühl gehabt, weiter gewesen zu sein oder an der gleichen Stelle innerlich immer wieder vorbei zu müssen und trotzdem etwas dazugelernt zu haben?
Diese Sichtweise kann die Gegensätze des Großen und Kleinen verbinden. Wir können die dahinterliegenden Prinzipien in jeder Skalierung finden, weil sich der Bauplan in jeder Stufe wiederholt: Ob wir in die Tiefe gehen oder uns einen Überblick verschaffen, indem wir uns Menschen in einem größeren Ganzen sehen, beides verschmilzt zu einem Bild, die Essenz bleibt gleich. Betrachten wir unser Leben ebenfalls wie ein Fraktal. Im Großen spiegelt sich das Kleine wider und umgekehrt. Täglich können wir reflektieren, was unser Leben bestimmt und welche Gesetze wir missachten.
Bei Reflexion und Studium der Natur finden wir wieder zu den Ideen zurück, denn die Natur spiegelt die Struktur des Universums wider. Durch einen einfachen Baum – oder durch die Zahlen – können wir das gesamte Universum studieren und verstehen. Nicht in der Menge, sondern in der Tiefe des Erlebten steckt Weisheit und Erkenntnis. Sie machen uns bescheiden und zufrieden.
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